von Gloria Dell'Etere
Wo echte Verbindung entsteht: Die stille Kraft informeller Gespräche.
In vielen Unternehmen wird Kommunikation auf das Offizielle reduziert: Meetings mit klarer Agenda, strukturierte Feedbackgespräche, E-Mails mit präzisem Betreff. Doch wer wirklich verstehen will, wie ein Team funktioniert, sollte nicht nur in die Besprechungsräume schauen – sondern an den Kaffeeautomaten, in die Gänge oder auf die kurzen Nachrichten im Teamchat, die mit einem lockeren „Hast du kurz?“ beginnen.
Diese Momente scheinen auf den ersten Blick nebensächlich. Doch sie sind oft der Ort, an dem Vertrauen entsteht, Konflikte entschärft werden, Wissen weitergegeben und neue Ideen geboren werden. Psychologen sprechen hier von „psychologischer Sicherheit“ – also dem Gefühl, sich zeigen zu dürfen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Und genau dieses Gefühl entsteht selten im formellen Rahmen. Viel öfter entwickelt es sich in einem spontanen Gespräch zwischen Tür und Angel oder in einem ehrlichen Lachen über einen kleinen Fauxpas im Videocall.
Ein Beispiel: Bei Seerene, einem Softwareunternehmen mit Sitz in Potsdam, wurde eine der erfolgreichsten neuen Analysefunktionen nach einem zufälligen Küchengespräch zwischen zwei Entwicklern konzipiert. Was mit einem simplen „Kennst du das Problem auch?“ begann, wurde zum Auslöser eines neuen Features, das später bei einem großen Kunden zum Einsatz kam.
In digitalen Zeiten, in denen viele Teams nur noch virtuell zusammenarbeiten, geht diese informelle Ebene oft verloren. Der kurze Flurplausch wird ersetzt durch das stille Verlassen eines Online-Meetings. Der zufällige Austausch mit Kolleg:innen aus anderen Abteilungen? Fehlanzeige. Stattdessen entstehen digitale Inseln – verbunden durch Tools, aber getrennt im Gefühl. Das Ergebnis: Viele Mitarbeitende fühlen sich isoliert, weniger eingebunden, und nicht selten sinkt das Engagement. Der Begriff „Quiet Quitting“ beschreibt genau dieses Phänomen: Menschen machen nur noch das Nötigste, innerlich haben sie sich längst verabschiedet.
Die Harvard-Professorin Tsedal Neeley beschreibt das so: „Wenn Teams nicht regelmäßig informell kommunizieren, fehlt ihnen der soziale Klebstoff. Ohne diesen Klebstoff zerfällt Zusammenarbeit früher oder später.“ (Harvard Business Review, 2022)
Wenn der Austausch fehlt – und was Unternehmen dagegen tun können.
In Unternehmen, die informelle Kommunikation vernachlässigen, entsteht ein gefährliches Vakuum. Führungskräfte verlieren den Kontakt zur Stimmung im Team. Warnsignale werden übersehen. Konflikte schwelen unter der Oberfläche, bis sie eskalieren. Und oft heißt es dann: „Das kam völlig überraschend“, obwohl die Anzeichen längst da waren – nur eben nicht im Protokoll.
Besonders in hybriden Teams, in denen manche Mitarbeitende vor Ort sind und andere remote arbeiten, ist das Risiko groß. Während einige noch den Plausch in der Kaffeeküche erleben, bleiben andere außen vor. Die Gefahr: ein Gefühl der Zwei-Klassen-Kultur. Das kann man nicht mit einem weiteren All-Hands-Meeting lösen – sondern nur mit bewussten Räumen für echten Austausch.
Doch wie können diese Räume aussehen? Ein paar konkrete Praxisbeispiele:
- Trumpf, ein Maschinenbauunternehmen aus Ditzingen, hat unter dem Namen „Walk & Talk“ ein Format eingeführt, bei dem sich Mitarbeitende zu Spaziergängen während der Arbeitszeit verabreden – entweder vor Ort oder remote per Telefon. Ziel: Abstand vom Bildschirm, Austausch auf Augenhöhe, Verbindung auch abseits der Aufgaben.
- Das Münchner Start-up Personio nutzt Slack aktiv zur Förderung informeller Kommunikation. Ein Bot namens "Donut" lost wöchentlich zufällige Tandems aus, die sich für einen informellen digitalen Kaffeeklatsch verabreden. Die Teilnahme ist freiwillig – und extrem beliebt.
- Der Pharmakonzern Bayer hat in mehreren Teams Meetingformate so umgestaltet, dass die ersten 10 Minuten ausschließlich für persönlichen Austausch reserviert sind. Die Frage „Was beschäftigt dich gerade – beruflich oder privat?“ hat sich dabei als wirkungsvoller Türöffner erwiesen.
Der Schlüssel liegt darin, informelle Kommunikation nicht dem Zufall zu überlassen, sondern sie bewusst zu fördern – ohne sie zu erzwingen. Denn Vertrauen lässt sich nicht befehlen, aber man kann ihm den richtigen Boden bereiten.
Wie wir Ihnen helfen, informelle Kommunikation lebendig zu halten.
Wie unterstützen Teams und Organisationen dabei, die Bedeutung von informeller Kommunikation sichtbar zu machen – und Räume zu schaffen, in denen sie sich natürlich entfalten kann. Wir setzen dabei nicht auf starre Maßnahmen von oben, sondern auf gezielte Impulse, die aus dem Feedback der Mitarbeitenden selbst entstehen.
- Auswertung realer Teamdynamiken
Statt auf theoretische Analysen zu setzen, arbeiten wir mit dem, was im Alltag wirklich passiert: wir nutzen Feedbacks aus internen Team- oder Bereichsmeetings und macht sichtbar, wo Verbindungen fehlen, wo Spannungen unausgesprochen bleiben oder wo Potenziale für spontanen Austausch ungenutzt sind. Dabei geben wir dem Team keine fertigen Lösungen – sondern stellt die richtigen Fragen, die die blinden Flecken aufdecken. - Guidance statt Vorgabe
Wir verstehen sich nicht als externer Problemlöser, sondern als Ermöglicher: wir begleiten Teams dabei, sich selbst besser zu verstehen und neue Wege der Zusammenarbeit zu entwickeln – auch jenseits der formalen Ebene. Die Teams entdecken gemeinsam, was für sie funktioniert, probieren neue Routinen aus und reflektieren regelmäßig, was sie stärkt. - Impulse für nachhaltige Veränderung
Unser Fokus liegt auf kleinen, wirkungsvollen Veränderungen: Rituale, kurze Check-ins, bewusste Räume für sozialen Austausch. Oft reichen wenige bewusste Änderungen im Alltag, um die informelle Ebene dauerhaft zu stärken – und damit die Kultur insgesamt resilienter, menschlicher und verbindender zu machen.
Und wie lebendig ist die informelle Kultur in Ihrem Unternehmen?
Haben Ihre Mitarbeitenden noch Raum, sich auch jenseits der Aufgabenliste auszutauschen? Gibt es Gelegenheiten, in denen echte Verbindung entsteht – oder bleiben viele Gespräche an der Oberfläche?
Wenn Sie das Gefühl haben, dass in Ihrem Team etwas fehlt, aber schwer greifbar ist, lohnt sich ein genauerer Blick. Denn Kultur beginnt nicht bei der Vision an der Wand – sondern im ehrlichen Nebensatz, im geteilten Lächeln, im spontanen Gespräch.
Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, wie Sie wieder mehr echtes Miteinander in den Arbeitsalltag bringen können.
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