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26.5.2025

Schon wieder ein Meeting, das eine E-Mail hätte sein können

von Gloria Dell'Etere

Wenn Meetings krank machen und warum ihre Besprechungskultur reformiert werden muss

Meetings sind ein fester Bestandteil unseres Arbeitsalltags – eigentlich gedacht als Raum für Austausch, Entscheidungen und gemeinsames Vorankommen. Doch immer häufiger erleben Mitarbeitende sie als Blockade statt Booster. Die virale Aussage „This meeting could have been an email“ bringt es auf den Punkt: Was als produktiver Dialog gedacht war, verkommt vielerorts zu einem ineffizienten Ritual ohne echten Mehrwert.

Besonders seit der Pandemie hat sich das Meeting-Verhalten vieler Teams verschärft. Laut einer Studie von Microsoft (2022) hat sich die Zeit, die Beschäftigte in Meetings verbringen, im Vergleich zu 2020 mehr als verdoppelt – ein Anstieg, der nicht ohne Folgen bleibt. Konzentration, Energie und Zufriedenheit sinken, während Erschöpfung und Frust steigen. Und oft werden gerade jene Mitarbeitenden besonders belastet, die zwischen Deadlines, Calls und ununterbrochener Erreichbarkeit jonglieren müssen.

Wenn Meetings Energie rauben statt geben

In vielen Organisationen hat sich eine unausgesprochene Norm etabliert: Wer sichtbar ist – auch wenn es nur durch eine stummgeschaltete Kachel im Zoom-Call ist – gilt als engagiert. Wer Termine absagt oder hinterfragt, läuft Gefahr, als unkooperativ zu gelten. Das erzeugt eine paradoxe Dynamik: Obwohl Meetings eigentlich die Zusammenarbeit verbessern sollen, bremsen sie immer öfter genau diese aus.

Eine Studie der Harvard Business School (2021) zeigt: 71 % der Führungskräfte empfinden Meetings als unproduktiv, 65 % der Mitarbeitenden geben an, dass sie durch Meetings bei der Erledigung ihrer eigentlichen Arbeit behindert werden. Viele beschreiben ihren Arbeitsalltag als „verplant“, von Meeting zu Meeting, oft ohne klare Ziele oder Entscheidungen.

Der Effekt: Projektarbeit verlagert sich in den Abend, Pausen entfallen, der Kopf ist dauerhaft im Sendemodus. Dieser Zustand, oft als „Zoom Fatigue“ bezeichnet, führt laut Stanford University (2021) zu Erschöpfung, Gereiztheit, Rückzug und sinkender Motivation. Es entsteht ein Gefühl der Dauerbeanspruchung, das langfristig krank machen kann – emotional wie physisch.

Wie wir eine gesunde Meeting-Kultur schaffen können

Meetings sind nicht das Problem – die Art, wie wir sie gestalten, ist es. Es geht nicht um weniger Meetings um jeden Preis, sondern um bessere Meetings. Das beginnt mit einer klaren Haltung: Jede Besprechung muss einen nachvollziehbaren Zweck erfüllen. Ein Prinzip, das wir vielen unserer Kund:innen nahelegen, lautet: „No Agenda, No Meeting“ – keine Tagesordnung, kein Termin. Eine simple, aber wirkungsvolle Regel, die Teams dazu bringt, sich wieder bewusst zu fragen: Muss das wirklich besprochen werden – und wenn ja, mit wem und warum?

Ein weiteres Modell, das wir als konkreten Impuls vorschlagen, ist der sogenannte „Silent Day“ – ein Tag pro Woche oder Monat ohne Meetings. Dieser Tag gehört ausschließlich der konzentrierten Arbeit. Erste Versuche bei Partnerunternehmen zeigen: Die Stimmung verbessert sich spürbar, Teams berichten von höherer Produktivität, weniger Fehlern und klareren Ergebnissen.

Auch asynchrone Kommunikationsformate spielen dabei eine Rolle. Statt Live-Besprechungen können kurze Videobotschaften, strukturiertes Feedback in Projekttools oder schriftliche Updates im Chat eine echte Alternative sein – effizienter, dokumentierbar, und oft wesentlich zeitsparender.

Am wichtigsten jedoch ist: Führungskräfte müssen vorangehen. Wer selbst seine Kalender entrümpelt, Meetings bewusst plant und Freiräume schafft, gibt dem Team das Signal: Vertrauen geht vor Kontrolle, Fokus vor Dauerbeschallung. Es braucht Mut zur Lücke – aber genau darin liegt die Chance auf echte Veränderung.

Wie steht es um Ihre Meeting-Kultur?

Wie viele Meetings hatten Sie in dieser Woche? Und wie viele davon haben wirklich einen Unterschied gemacht? Wenn Sie beim Nachzählen stocken oder überlegen müssen, dann ist das ein gutes Zeichen: Die Reflexion beginnt.

Haben auch Sie das Gefühl, ständig beschäftigt zu sein, ohne wirklich etwas abzuschließen? Hören Sie in Ihrem Team immer öfter Sätze wie: „Ich komme zu nichts, ich bin den ganzen Tag in Calls“? Vielleicht hat sich bei Ihnen auch eine Meeting-Kultur eingeschlichen, die mehr Routine als Reflexion ist. Das ist kein Vorwurf – das passiert vielen. Aber genau hier liegt auch die Chance, es besser zu machen.

Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Meeting-Gewohnheiten neu zu denken, gesunde Prinzipien zu etablieren und Raum für echte Zusammenarbeit zu schaffen. Denn gute Meetings sind keine Zeitfresser – sie sind der Ort, an dem Vertrauen, Klarheit und Verantwortung entstehen. Der erste Schritt? Den Kalender nicht nur füllen, sondern hinterfragen.

Vereinbaren Sie jetzt ein Gespräch und gestalten Sie gemeinsam mit uns eine Meeting-Kultur, die Energie gibt statt nimmt.

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